Es breitet sich die Manager-Müdigkeit aus: Beruflich wollen in Zukunft nur noch wenige eine Führungsposition übernehmen, wie eine neue Studie zeigt. Die Autoren mahnen die Unternehmen auf zu handeln.
Die meisten Arbeitnehmer in Deutschland haben einer neuen Studie zufolge keine Lust auf Führungsverantwortung. Nur sieben Prozent der Mitarbeiter in Deutschland möchten in den kommenden fünf bis zehn Jahren eine Führungsposition übernehmen. Das ergab eine Umfrage der Boston Consulting Group (BCG). „Eine Rolle im Management scheint hierzulande unattraktiv zu sein“, sagte BCG-Berater und Studien-Autor Nicolas Hunke der Deutschen Presse-Agentur.
Für die Studie befragten die Autoren rund 5000 Führungskräfte und Mitarbeiter in fünf Ländern. Außer Deutschland wurden auch Menschen in China, Frankreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten über ihre Karrierepläne befragt.
In Deutschland finden 82 Prozent der Manager ihren Job heute schwerer als früher. In Frankreich schätzen das 85 Prozent ebenso ein, und auch in Großbritannien stimmen 83 Prozent dem zu. Trotzdem scheinen die Manager in Deutschland im Vergleich mit den Kollegen aus den vier weiteren berücksichtigten Ländern besser mit ihrer Rolle umzugehen: „Die Ergebnisse aus Deutschland zeigen, dass sich Führungskräfte in Deutschland im Vergleich zu ihren Kollegen aus westlichen Ländern insgesamt leicht besser fühlen“, sagte BCG-Experte Hunke.
Überforderung und Stress
So sind Manager in Frankreich und Großbritannien öfter gestresst (74 Prozent) als in Deutschland (64 Prozent). Auch beklagten gerade einmal 34 Prozent der Führungspersonen hierzulande, überfordert zu sein. In Frankreich (51 Prozent) und dem Vereinten Königreich (60 Prozent) hingegen sind es mehr als die Hälfte.
Auf der anderen Seite herrsche in Deutschland immer noch ein überholtes Bild einer Führungskraft vor, die vor allem koordiniert und Entscheidungen trifft „oder schlimmer noch durchreicht, die aber weniger inhaltliche Arbeit macht“, sagte Hunke. Dieses Bild scheine für Befragte außerhalb des Managements kein attraktives Zukunftsmodell für ihre eigene Karriere zu sein.
Viele Befragte aus dem mittleren Management fühlen sich in ihrer Position insgesamt nicht wohl. „Das ist nichts Neues – sie sind etwas verloren zwischen den Rollen als Fach- und Führungskraft“, sagte Hunke. Was jedoch neu und überraschend sei, ist das hohe Bewusstsein, dass dieses Modell nicht nachhaltig ist. So gaben viele Befragte aus dem mittleren Management an, überzeugt zu sein, dass ihre Rolle „verschwinden“ werde.
Den Firmen empfiehlt Hunke dringend, das Thema anzugehen. Unternehmen müssten handeln, um langfristig attraktiv für Mitarbeiter zu bleiben. „Wir sehen in Zukunft einen starken Wandel in der Rolle des Managements und des Managers. Die rein koordinative Tätigkeit nimmt mit modernen Arbeitsmethoden ab, statt dessen ergeben sich neue, stärker inhaltlich geprägte Führungsaufgaben“, sagte der BCG-Partner.
9 Prozent der Arbeitnehmer streben nach Führungsposition
Die Führungskraft von morgen bestimme nicht mehr alleine. Neue Arbeitsmodelle wie agile Arbeitsmethoden und auch alternative Karrieremodelle, zum Beispiel Expertenkarrieren, könnten ein Teil der Lösung sein. Am liebsten würden 37 Prozent der befragten Vorgesetzten in Deutschland gar nicht mehr arbeiten – der höchste Wert unter den analysierten Ländern.
Das internationale Ergebnis: 81 Prozent der Manager finden ihren Job härter als in den vergangenen Jahren. 37 Prozent von ihnen sind sich sicher, dass ihr Job in den nächsten Jahren in der jetzigen Form so nicht mehr existieren wird. Die Konsequenz: Gerade mal 9 Prozent der Arbeitnehmer streben in den nächsten fünf bis zehn Jahren eine Führungsposition an.
In der Studie bleibt allerdings offen, in welchen Branchen es Arbeitnehmern und Führungskräften besonders schwer fällt, sich als Manager zu sehen. Immerhin: Knapp 40 Prozent der Manager hierzulande möchten in Zukunft in einer Führungsrolle bleiben. In Frankreich, Großbritannien und Amerika sind es weniger. Nur China sticht hervor: Hier können sich 70 Prozent vorstellen, weiterhin Manager zu bleiben.
Quelle: Frankfurter Allgemeine